Landesverband Hamburg/Fachausschüsse/Direkte Demokratie in Deutschland/Volksgesetzgebung in Hamburg

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Vorgeschichte

Hamburg gab sich erstmals 1860 eine Verfassung, die aber keine Volksabstimmungen vorsah. Die Verfassung des Jahres 1921 sah Volksbegehren vor. Allerdings gab es zwischen 1921 und 1933 keine Volksbegehren.

Im Jahr 1952 gab sich die Freie und Hansestadt Hamburg eine neue Verfassung. Diese sieht Volksbegehren aber erst seit 1996 vor.

Rechtliche Grundlagen

Artikel 48 Absatz 1 der Hamburger Verfassung sieht vor, das Gesetzesvorlagen vom Senat, aus der Mitte der Bürgerschaft oder durch Volksbegehren eingebracht werden. Grundlagen zu Volksbegehren werden in Artikel 50 der Hamburger Verfassung, der die Überschrift Volksgesetzgebung trägt, geregelt. Einzelheiten ergeben sich aus dem Gesetz über Volksinitiative, Volksbegehren und Volksentscheid (Volksabstimmungsgesetz – VAbstG).

Nach Artikel 50 Absatz 1 der Hamburger Verfassung kann das Volk den Erlass, die Änderung oder die Aufhebung eines Gesetzes oder eine Befassung mit bestimmten Gegenständen der politischen Willensbildung (andere Vorlagen) beantragen. Bundesratsinitiativen, Haushaltspläne, Abgaben, Tarife der öffentlichen Unternehmen sowie Dienst- und Versorgungsbezüge können nicht Gegenstand einer Volksinitiative sein.

Abstimmungsberechtigt sind alle zur Bürgerschaft Wahlberechtigten. Dies sind alle Personen, die deutsche Staatsbürger sind, das 16. Lebensjahr vollendet haben und seit mindestens drei Monaten in Hamburg wohnen und nicht durch einen Richterspruch vom Wahlrecht ausgeschlossen sind.

Die Volksgesetzgebung in Hamburg sieht ein dreistufiges Verfahren vor:

a) Volksinitiative: Eine Volksinitiative kommt zustande, wenn mindestens 10 000 zur Bürgerschaft Wahlberechtigte den Gesetzentwurf oder die andere Vorlage unterstützen. Die Bürgerschaft kann innerhalb von vier Monaten das beantragte Gesetz verabschieden oder einen Beschluss über die Vorlage treffen. Geschieht das nicht, kann die Initiative ein Volksbegehren beantragen.

b) Volksbegehren: Zur einem Volksbegehren kommen es, wenn die Sache von mindestens 5% der Wahlberechtigten unterstützt wird. Erforderlich sind momentan in Hamburg knapp unter 66.000 Unterschriften. Die Eintragungsfrist beginnt vier Monate nach Antragstellung und beträgt drei Wochen.

c) Volksentscheid: Der Volksentscheid bindet den Senat und die Bürgerschaft. Die Bürgerschaft kann ein vom Volk beschlossenes Gesetz jedoch aufheben oder ändern. Das durch die Bürgerschaft beschlossene Änderungsgesetz tritt innerhalb von drei Monaten nicht in Kraft. Innerhalb dieser drei Monate können 2,5 % der Wahlberechtigten (in Hamburg momentan knapp unter 33.000 Unterschriften) einen Volksentscheid über das Änderungsgesetz verlangen. Kann man in der dritten Runde der Unterschriftensammlung die 33.000 Unterschriften nicht sammeln, „überschreibt“ das von der Bürgerschaft beschlossene Änderungsgesetz das ursprünglich vom Volk beschlossene Gesetz.

Daneben gibt es Referenden. Die Bürgerschaft kann auf Vorschlag des Senats oder mit dessen Zustimmung einen Gesetzentwurf oder eine andere Vorlage erstellen (Bürgerschaftsreferendum). Beschlüsse der Bürgerschaft bedürfen einer Mehrheit von zwei Drittel der gesetzlichen Mitgliederzahl.

Weitere Einzelheiten findest Du hier.

Hürde Bürgerentscheide

Das Hamburger System fordert ein zwei- und in gewissen Fällen auch ein dreistufiges Verfahren. Dies sind Volksinitiative, Volksbegehren und Volksentscheid.

Die Hürden werden deutlich, wenn man die Hamburger Volksgesetzgebung mit dem System der Direkte Demokratie in der Schweiz vergleicht.

Abzugebenden Stimmen

In Hamburg benötigt man für eine Volksinitiativ 10.000 Stimmen, für ein Volksbegehren 5% der wahlberechtigten Bevölkerung (zurzeit rund 66.000 Stimmen) und, soweit ein weiterer Volksentscheid verlangt wird, 2,5% der wahlberechtigten Bevölkerung. Im Zweifel müssen 109.000 Stimmen gesammelt werden.

In der Schweiz müssen für eine Volksinitiative 100.000 Stimmen und für ein fakultatives Referendum 50.000 Stimmen gesammelt werden. Die wahlberechtigte Bevölkerung der Schweiz beträgt rund 5.5 Mio. Eine Volksinitiative benötigt also die Stimmen von 1,8% der wahlberechtigten Bevölkerung, ein fakultatives Referendum 0,9%.

Sammeln der Unterschriften

In Hamburg hat eine Volksinitiative 3 Wochen Zeit, um momentan rund 66.000 Stimmen zu sammeln.

In der Schweiz haben die Initiativen 18 Monate Zeit für eine Volksinitiative und 100 Tage nach Veröffentlichung eines Gesetzes für ein fakultatives Referendum.

Information der Bürger

In Hamburg informiert die Verwaltung durch Veröffentlichung im Hamburger Amtsblatt. Bei Volksbegehren von großer Bedeutung erhalten die Haushalte Informationsbroschüren. Auf der Website Volksabstimmungen sind laufende Volksbegehren aufgeführt. Dort werden aber nur die Formalien dargestellt; Inhalte bleiben unerwähnt.

In der Schweiz erhalten die stimmberechtigten Bürger drei bis vier Wochen vor der Abstimmung per Post zusammen mit den Wahlunterlagen umfangreiche Information über das Pro und Kontra zum Thema. Gleichzeitig werden auf offiziellen Websites umfangreiche Informationen zum jeweiligen Sachthema veröffentlicht.

Inhalt von Volksbegehren

In Hamburg kann nicht über Fragen abgestimmt werden, die Themen der Hamburger Finanzen betreffen. Gleichzeitig darf nicht über Bundesratsinitiativen abgestimmt werden.

In der Schweiz kann über alle Sachfragen abgestimmt werden. Zudem müssen zwingend Referenden abgehalten werden, wenn die Verfassung geändert werden oder die Schweiz gewissen internationalen Organisationen beitreten soll.

Bindung eines Volksbegehrens

Der Senat und die Bürgerschaft sind an einen Bürgerentscheid gebunden. Allerdings kann die Bürgerschaft ein durch einen Bürgerbescheid ergangenes Gesetz innerhalb von drei Monaten aufheben oder ändern. Dann müssen wieder Unterschriften gesammelt werden, um eine Abstimmung über das Änderungsgesetz herbeizuführen.

In der Schweiz ist die Regierung direkt an eine Entscheidung in einer Bürgerinitiative oder einem Referendum gebunden.

Fazit

Seit Aufnahme der Volksgesetzgebung in die Verfassung Hamburgs im Jahr 1996 sind erst sieben Bürgerentscheide zustande gekommen. Daneben haben sich Bürgerschaft und Initiative in einigen Fällen geeinigt.

Dieser Befund zeigt, dass die Hamburger Volksgesetzgebung weit von der Umsetzung der effektiven direkten Demokratie entfernt ist.